Ungemach für Grenzgänger: Konjunktureinbruch in Baden-Württemberg


Arbeitsplätze im benachbarten Baden-Württemberg durch Konjunktur, Kurzarbeit und gestiegene Zahl an Arbeitslosen stärker belastet als sonst in Deutschland

Im Jahr 2008 entwickelte sich die Zahl der Arbeitsplätze in Baden-Württemberg noch etwas günstiger als im Durchschnitt aller deutschen Bundesländer (Jahresdurchschnitt: +1,4 Prozent, Schlussquartal: +1 Prozent). Vieles deutet jedoch darauf hin, dass im ersten Quartal 2009 die Erwerbstätigen beim stärker industriegeprägten Nachbarn besonders von der globalen Nachfrageschwäche betroffen sein werden. Bereits im Dezember 2008 hatte die Zuwachsrate der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Baden-württemberg mit einem Plus von 1,1 Prozent erstmals wieder unter dem deutschen Zuwachs von 1,3 Prozent gelegen. Auch die Frühindikatoren, die der Erwerbstätigkeit erfahrungsgemäß vorauslaufen, zeigen eine solche Entwicklung. Die reale Wirtschaftsleistung ging in Baden-Württemberg im Schlussquartal 2008 um 3 Prozent zurück, also deutlich stärker als deutschlandweit mit einem Minus von 1,6 Prozent. Im ersten Quartal 2009 wird für Baden-Württemberg sogar ein Rückgang um 4 Prozent erwartet. Die Zahl der gemeldeten Stellen lag nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit im Februar 2009 im Südwesten 16 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor, in der Bundesrepublik waren es minus 11 Prozent.

Weitere Auswirkungen der massiven Auftragsschwäche spiegelt die Entwicklung der konjunkturell bedingten Kurzarbeit wider. Von Oktober 2008 bis Februar 2009 gingen aus konjunkturellen Gründen bei der Bundesagentur für Arbeit von fast 8.000 baden-württembergischen Betrieben für rund 300.000 Beschäftigte Anmeldungen zur Kurzarbeit ein. Im gesamten Bundesgebiet waren es im gleichen Zeitraum mehr als 40.000 Betriebe und 1,47 Millionen Beschäftigte. Damit entfielen rund 20 Prozent der deutschen Anmeldungen zur konjunkturellen Kurzarbeit auf Baden-Württemberg. Gemessen am Anteil der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer von 14 Prozent ist der Südwesten Deutschlands damit vergleichsweise stark von der Kurzarbeit betroffen. Die Anzeigen können als potentielle Zugänge zur Kurzarbeit interpretiert werden. Wie viele Personen tatsächlich kurz arbeiten, wird erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung sichtbar. Nach neuesten Angaben der Bundesagentur für Arbeit hat sich der Bestand an Personen, die wegen des Auftragsrückgangs tatsächlich von Kurzarbeit betroffen sind, seit dem letzten Tiefststand im August 2008 bis Dezember in Baden-Württemberg von knapp 3.000 auf 32.000 mehr als verzehnfacht, in Deutschland hat sie sich im gleichen Zeitraum von 29.000 auf 201.000 versiebenfacht. Ob bzw. wie stark sich die Zunahme der Kurzarbeit letztendlich auf die Zahl der Arbeitsplätze auswirkt, wird davon abhängen, inwieweit die Betriebe in Baden-Württemberg überhaupt die Auftragsflaute mittels Kurzarbeit überbrücken und Entlassungen vermeiden können.

Dass dies nicht in allen Fällen gelingt, zeigt die aktuelle Entwicklung der Arbeitslosigkeit. In Baden-Württemberg wurden im Januar und Februar 2009 rund 10.000 bzw. 20.000 Arbeitslose mehr gezählt als in den entsprechenden Vorjahresmonaten. Die Beschäftigungssituation dürfte sich daher im ersten Quartal 2009 durch die gestiegene Arbeitslosigkeit verschlechtern. Im gesamten deutschen bundesgebiet war die Arbeitslosenzahl im Januar und Februar noch geringer als ein Jahr zuvor. Kleiner Trost: Trotzdem blieb Baden-Württemberg auch im Februar mit einer Arbeitslosenquote von 4,8 Prozent das deutsche Bundesland mit der geringsten Arbeitslosigkeit. Bundesweit betrug die entsprechende Quote 8,5 Prozent.

Mehr:
a) Online: EURES-Broschüre "Atypische Arbeitsverhältnisse am Bodensee"
b) Arbeiten bei den Nachbarn: Infos für Grenzgänger 2008
c) Studie über die "Mobilität in der Regio Bodensee", pdf, 0,7 MB
d) Überblick über die Arbeitslosigkeit, die offenen Stellen, die GrenzgängerInnen und die Arbeitslosen im Alter 50 plus in der Bodenseeregion Quartal 3/2008, pdf, 2,4 MB

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