Der Steinbruch in der Literatur

Bild zum Ansehen anklicken: Une carrière au Semmering, Lithographie von E. Benkert

Die Arbeit im Steinbruch bleibt für die Arbeiter auch heute noch eine anstregende und verantwortungsvolle Aufgabe, die nicht ohne Gefahren für Leib und Leben ist, auch wenn sich die sozialen und technischen Bedingeungen seit der sozialkritischen Novelle "Die Steinklopfer" von Ferdinand von Saar erheblich verändert haben.

[ÖNB-Digital: Die Steinklopfer] "Die Steinklopfer" aus dem Jahre 1874 ist eine frühe sozialkritische Novelle von Ferdinand von Saar. Nicht mehr der Adel oder die Bürger sind die Hauptpersonen, sondern die unterste Arbeiterschicht beim Bau der Bahnlinie am Semmering. Für die Kunstbauten der Semmeringbahn, allen voran die Viadukte, wurden große Mengen an behauenen Natursteinen benötigt, die ohne maschinelle Hilfsmittel in mühsamer Handarbeit in den nahe der Trasse gelegenen Steinbrüchen bearbeitet werden mussten. Die Originalausgabe der Novelle von 1874 ist auf der Website der österreichischen Nationalbibliothek digitalisiert online.

[Ferdinand von Saar] Ferdinand von Saar - ein verarmter Adeliger - schreibt nach eigenen Worten "nicht etwa, um das harte Los dieser Parias der Gesellschaft, die unsere Dome und Paläste, unsere Unterrichtsanstalten und Kunstinstitute bauen, in grellen Farben zu schildern ... sondern nur, um ein schlichtes Lebensbild aus der großen Masse derjenigen festzuhalten, deren dasein, von schweren körperlichen Mühen überbürdet, im Kampfe um das tägliche Stück Brot meist unbekannt und unbeachtet dahingeht".

In der Prosa von Ferdinand von Saar scheitern normalerweise die Helden und Heldinnen. Sie gehen unspektakulär an der Wirklichkeit zugrunde. Mehr oder weniger psychologisch überzeugend führt er uns vor Augen, wie Menschen vom Alltag aufgefressen und von ihren Mitmenschen durch bloße Befolgung der sozialen Spielregeln ausgelöscht werden. Über weite Strecken ist das auch bei der Novelle "Die Steinklopfer" so.

Mit Tertschka und Georg kommen zwei unglücklich Geborene ("Und wohin sollt' ich gehen?" setzte sie mit einem Seufzer hinzu. "Es ist überall nicht gut in der Welt.") erst dann zu einem trauten Heim im Bahnwärterhäuschen, nachdem sie einen Drangsalierer beiseite geräumt haben. Es ist kein plattes Happy End, sondern eine ausreichend komplexe Lösung nach einer Phase des bangen Wartens. Die künstlerisch verbrämte Sozialkritik des neunzehnten Jahrhundert passt ins Bild der untergehenden Habsburgermonarchie. Die Geschichte mag heute vielleicht nicht mehr so aufregen, die krasse Schilderung der Arbeitsbedingungen hat aber 1874 die Leser sehr wohl aufgerüttelt. Und er war auch mit dem Thema der Zeit voraus: Gerhart Hauptmanns weitaus bekannteres Sozialdrama "Die Weber" erschien erst 1892.

✔Information:
Digital online: Saar, Ferdinand von: Die Steinklopfer. Eine Geschichte - Heidelberg: Verlag v. Georg Weiß, 1874
Die Steinklopfer online bei Gutenberg
Kurzbiografie: Saar, Ferdinand Ludwig Adam von

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